Habt ihr schon einmal vom Schnitterfest gehört? Lange Zeit war dieses Fest ein wichtiger Teil der bäuerlichen Traditionen im Jahreskreis. Schon unsere keltischen Vorfahren feierten das
Schnitterfest mit Zusammenkünften und Ernteritualen. Heutzutage ist dieses Brauchtum beinahe in Vergessenheit geraten. Vielleicht liegt das daran, dass die bäuerliche Lebensweise vielen Menschen,
insbesondere in der Großstadt, zunehmend fremd wird. Unsere Vorfahren hingegen waren eng verbunden mit ihrer Umwelt und dem Land. Für sie war es von existenzieller Bedeutung, auch die Feinsten
jahreszeitlichen Veränderungen in der Natur zu bemerken. Das Überleben der ganzen Sippe hing davon ab, dass die Ernte erfolgreich war. Es galt abzuschätzen, wann der richtige Zeitpunkt für die
Getreide- und die Kräuterernte gekommen war. Wurde zu früh geerntet, konnte es sein, dass ein Teil des Getreides noch unreif war. Ernte man jedoch zu spät, vernichtet vielleicht ein Gewitter die
Ernte, oder die Früchte verdarben auf dem Feld. Zentrales Thema des Schnitterfestes ist deshalb der „Tod“ des Getreides. Die Ähre stirbt, um den Menschen zu ernähren. Vielerlei Mythen ranken sich
um diese besondere Zeit im Jahr. Zu Ehren der Getreidemuhme wird die erste oder die letzte Garbe auf dem Feld stehen gelassen. Anderswo bindet man Kornmuttern aus den Ähren, verbrennt diese
feierlich oder trägt sie nach Hause. In England und Irland werden heute die Brotlaibe aus dem ersten Getreide in einer feierlichen Prozession in die Kirche getragen und in der sogenannten „Loaf
Mess“ geweiht. In Weißrussland wird das traditionelle Erntebrot Karawai in Form von Blumen oder einer Sonne gebacken.
Wenn wir uns auf die alten Bräuche zurückbesinnen, können wir sie zum Anlass nehmen, unsere Naturverbindung zu stärken. Wir können im Alltag innehalten, die Vorgänge in der Natur beobachten und
die Jahreszeiten bewusst wahrnehmen. Wenn ihr mehr über Jahreskreisfeste erfahren oder mit anderen gemeinsam Feiern möchtet, könnt ihr euch hier umsehen.
Vielleicht möchtet ihr zur Feier der Getreideernte auch einmal ein Brot vollständig selbst backen? Mit den eigenen Händen Getreide mahlen, abwiegen, mischen, kneten, formen – das Backen eines
traditionellen Gebildebrots kann eine meditative Betätigung sein, bei der ihr euch vorstellen könnt, wie das Getreide im Frühling gesät wurde, keimte, wuchs…
Hier haben wir ein einfaches Rezept für euch:
Bekannter als die Bräuche rund um die Getreideernte, ist heutzutage die Kräuterweihe. Die Ernte von Kräutern für den Wintervorrat fällt in den selben Zeitraum wie das Schnitterfest. Anfang August
sind die meisten Heil – und Würzkräuter voll ausgereift und haben den höchsten Wirkstoffgehalt. Mancherorts werden aus den geernteten Pflanzen sogenannte Kräuterbuschen gebunden und feierlich in
der Kirche geweiht. Die Kräuterbündel werden dann im Haus aufgehängt. Dort sollen sie eine schützende Wirkung entfalten. Im Winter dienen sie zugleich als praktische Hausapotheke.
Hier haben wir die wichtigsten Tipps zum Kräuterernten für euch zusammengestellt:
Es versteht sich von selbst, dass nicht in geschützten Landschaftsteilen geerntet wird und aus gesundheitlichen Gründen nicht an Straßen- oder Wegrändern. Sorgfältig getrocknet und aufbewahrt,
halten sie bis zum nächsten Schnitterfest.
Natürlich könnt ihr eure Kräuter auch zu einem Kräuterbuschen binden. Die Zusammensetzung des Buschens variiert regional, in Abhängigkeit von den vor Ort wachsenden Pflanzen. Auch die Anzahl der
Kräuter ist unterschiedlich. Oft sind es sieben, neun oder zwölf verschiedene Pflanzen. Typische Kräuterarten sind: Johanniskraut, Kamille, Spitzwegerich, Beifuß, Rainfarn, Schafgarbe, Baldrian,
Eisenkraut, Alant, Liebstöckel und Frauenmantel. Traditionell wir eine Königskerze in die Mitte des Buschens gesteckt.
Wenn ihr eure Kräuter lieber frisch verwendet, könnt ihr sie zu Kräuterbutter verarbeiten. Die passt hervorragen zu unserem Gebildebrot.