Grundprinzipien zum nachhaltigen Gärtnern für Selbstversorger

Es gibt ganz verschiedene Methoden, Philosophien und Trends – die Bodenfruchtbarkeit, Stoffkreisläufe, Naturkreisläufe, Ökologie und Wirtschaftlichkeit berücksichtigen. Ob ihr nun nach Demeter, Bioland, mit Permakultur, Terra preta oder eigenem Kompost euren Garten bewirtschaftest – alle Wirtschaftsweisen haben einige altbewährte Grundprinzipien gemeinsam, die wir euch vorstellen möchten.

Geschlossene Stoffkreisläufe

Ein möglichst geschlossener Stoffkreislauf ist effizient, natürlich und eigentlich das Ziel jeder nachhaltigen Wirtschaftsweise. In der Landwirtschaft ist das heute aufgrund der Spezialisierung und des Steigerungszwangs (Wachsen oder Weichen) nicht mehr möglich – viele Milchviehbetriebe haben nicht einmal genug Ackerfläche, um entsprechend Futter anzubauen oder die hofeigene Gülle auszubringen. Auch Gartenbaubetriebe kaufen oft Kunstdünger, Substrate oder Kompost zu. Wir wollen Kreislaufwirtschaft konsequenter betreiben.

Nährstoffkreislauf Kompostierung

Kompostieren ist die gängigste Methode, organisches Material, Nährstoffe, Mineralien und Bodenfruchtbarkeit im Garten zu erhalten. Erfahrene Gärtner schwören drauf - zu recht. Sie ist nach wie vor ein Muss für jeden Gärtner, der naturverträglich wirtschaften will. Dabei ist es zweitrangig, ob der Kompostierungsprozess im Komposthaufen, Misthaufen, der Erdmiete, dem Hochbeet, Hügelbeet oder als Mulchschicht im Garten abläuft.

Es gibt aerobe Prozesse, z.B. im klassischen Komposthaufen, wo Grobes mit Feinem, Feuchtes mit Trockenem gemischt wird und Zersetzungsprozesse mit Tieren, Bodenlebewesen, Mikroorganismen und Bakterien unter Sauerstoffzufuhr ablaufen. Eine Steigerung davon ist die Methode, einen „Komposttee“ anzusetzen und diese „Starterkultur“ mittels verstärkter Sauerstoffzufuhr (rühren) und Erwärmen anzukurbeln.

 

Die anaerobe Variante ist die Fermentation, wo unter Luftabschluss durch sogenannte Effektive Mikroorganismen (EM´s), d.h. Milchsäurebakterien, Hefepilze, Rotalgen etc., auch Bokashi- Methode genannt, Abbauprozesse (auch von Fäkalien und bedenklichen Stoffen) ablaufen. Allerdings ist das Bodenmilieu oft zu sauer für die Feinwurzeln von Jungpflanzen und sollte Vorstufe zu einem anschließenden Kompostierungsprozess in der Erdmiete oder im Gartenbeet sein.


Wasserversorgung

Ohne Wasser hilft selbst der fruchtbarste Boden nichts – die Nutzung von Regenwasser oder Oberflächenwasser zum Gießen, sei es per Gießkanne oder als Tröpfchenbewässerung ist Standard. Durch den Klimawandel, extreme Wetterereignisse wie Dürreperioden, Starkregen und Trinkwasserknappheit im Sommer muss die Speicherung von Regenwasser (in Zisterne, IBC- Tanks oder Regenfässern) heutzutage bereits früher im Jahr erfolgen (im Februar/ März). Regelmäßige Regenfälle sind nicht mehr die Norm, daher speichert frühzeitig genug Regenwasser, um auch längere Trockenperioden im Sommer ohne Trinkwasservergeudung zu überstehen.

Tipp: Die Beimengung von Pflanzenkohle (keine Grillkohle!) hilft, Wasser zu sparen, da die Kohle die fünffache Menge Wasser ihres Gewichtes speichern kann. Natürlich unterstützen auch ein natürlicher Verdunstungsschutz, z.B. durch eine Mulchschicht oder ständige Bodenbepflanzung (Gründüngung, Folgekulturen)

 

Permakulturgärtner gestalten sogar durch gezielte Gestaltungselemente (z.B. Kraterbeet) das Kleinklima im Garten, legen Teiche als Wasserreservoir und als „Bioreaktor“ für den Winter an (Fische oder Wasserpflanzen (z.B. Krebsschere, eine Schwimmpflanze) wachsen auch im Winter und produzieren Biomasse.


Kohlenstoffkreislauf und Klimaschutz

Nachhaltig Gärtnern bedeutet auch die Verwendung von Pflanzenkohle im Garten, Kuhstall oder auf dem Acker. Bei jedem Verrottungsprozess holzigen Materials in der Natur, z.B. Komposthaufen, Asthaufen, sowie beim Verbrennen von Holz wird das Kohlendioxid, das die Pflanze im Laufe ihres Lebens im holzigen Anteil gespeichert hat, wieder freigesetzt. In der Tierhaltung werden aus dem Mist Stickoxide, Methan, Ammoniak freigesetzt und gehen dem Stoffkreislauf (Düngen mit Mist) des Landwirts verloren und schädigen das Klima.

Im Garten könnt ihr zumindest teilweise einen geschlossenen Kohlenstoffkreislauf mit Pflanzenkohle betreiben: Eigener Gehölzschnitt (Heckenschnitt, Obstbaumschnitt) wird nicht gehäckselt und kompostiert, sondern mittels Pyrolyseofen (z.B. KON-TIKI- Pyrolyseofen mit Kochfunktion) oder im kleinen Stil mittels Holzvergaser-Ofen (z.B. Sampada, PyroCook) zu sauberer Pflanzenkohle verkohlt. Dabei werden etwa 50 % des Kohlenstoffs nicht als CO2 freigesetzt, sondern in Form von Aktivkohle dauerhaft, wahrscheinlich über Jahrtausende (so lange dauert noch kein Feldversuch) im Boden gespeichert – das zeigen die Untersuchungen von Terra preta- Böden (Andosol) der Amazonas-Indianer. Die Kohle saugt sich wie ein Schwamm voll - wirkt im Boden als Dauerspeicher von Nährstoffen, als Wasserspeicher, und wegen ihrer Porengröße als perfekter Wohnraum für Mikroorganismen. Sie fördert so die Humusbildung im Boden – steigert so die Bodenfruchtbarkeit und den Ertrag.

Aufgrund der enormen Innenoberfläche (300 qm / Gramm) kann die Kohle eben auch Gerüche binden (z.B. Ammoniak im Kuhstall) und so den Stickstoff im Kuhmist für die Pflanzenverfügbarkeit erhalten anstatt den Treibhauseffekt anzukurbeln.

 

Pflanzenkohle ist die perfekte Verbindung von Ökonomie, Klimaschutz und nachhaltiger Bodenbewirtschaftung. Siehe Klimafarming unter www. ithaka-journal.net


Mulchen

Die Bodenbedeckung als Schutz vor Erosion, Austrocknung, Beikräutern in Form von Mulchen ist gängige Praxis zur bequemen Zufuhr und Verwertung organischer Masse (Düngung), v.a. bei Naturgärtnern, die nach der „Philosophie“ von Permakultur, market gardening oder das Drei- Zonen- Modell von Markus Gastl (hortus- Netzwerk) arbeiten.

Angewelkter Grünschnitt wird als Bodenabdeckung und Gründünger im Beet verwendet. Markus Gastl hat sogar die „Mulchwurst“ als Methode zur längerfristiger Bodenabdeckung (abgeernteter Beete oder über den Winter) erfunden, wobei er Heu von Blühwiesen, die er mit der Sense insektenfreundlich gemäht hat, zu einer festen Rolle wickelt. Eine pfiffige Methode zum Mulchen, da heute zwar Blühwiesen für Insekten, spätere Schnittzeitpunkte, Mähen mit Sense wieder im Kommen ist, keiner aber mehr Heu für die Stallhasen oder die Milchziege wie früher braucht.

Der Nachteil von Mulchen ist, dass dies auch ein perfekter Unterschlupf für Nacktschnecken ist, man sollte daher nur dünn mulchen oder wie Markus Gastl die Mulchwurst als „Sammelstelle“ für Schnecken regelmäßig ablesen.


Gründüngung, Mischkultur und Fruchtwechsel

Im Garten dient diese Technik dem Erhalt der Bodenfruchtbarkeit durch Nährstoffzufuhr, Vermeidung von Überanspruchung des Bodens durch einseitigen oder zu hohen Nährstoffverbrauch, der Nutzung von Synergieeffekten (manche Pflanzen mögen sich, unterstützen sich, wehren Schädlinge ab), der Vermeidung von Schädlingen (z.B. Kartoffelkäfer) und dem Erhalt eines biologischen Gleichgewichts, das Schädlinge durch Nützlinge natürlich in Schach hält.

Fruchtwechsel als Strategie zur Vermeidung von Nutzpflanzen (Starkzehrer, Mittelzehrer, Schwachzehrer) ist bei Zugabe von Pflanzenkohle im Beet, generell im Hochbeet (mit einer organischen Nährschicht unter der oberen Pflanzschicht) sowie durch regelmäßige Düngergabe in Form von Kompost oder Pflanzenjauche nicht nötig, da es hier nicht an Nährstoffen mangelt. Das haben Bodenanalysen im Rahmen des Feldversuchs mit Terra preta an der LBV-Umweltstation Lindenhof 2018 ergeben. 

Kein Gift, kein Kunstdünger kein Torf in Erdmischungen

Ein bunter, abwechslungsreicher Garten, der Nützlingen Lebensraum bietet, natürliche Prozesse unterstützt, der geschlossene Nährstoffkreisläufe und Pflanzenkohle die Bodenfruchtbarkeit erhält und über die Jahre sogar noch steigert, vereinen Natur, Wirtschaftlichkeit und Erholung im Garten. „Mit statt gegen die Natur arbeiten“ lautet die Devise.

Auf Gift, selbst auf Schneckenkorn wird verzichtet, denn auch Vögel, Igel oder Erdkröte werden dadurch vergiftet. Insektennetze, Mischkultur und ein natürliches Gleichgewicht – manchmal auch etwas mehr Toleranz und Gelassenheit (baut etwas mehr als ihr braucht an, dann ist noch genug da, falls mal Wildtiere im Garten naschen) genügen.

Selbst Kunstdünger oder zugekaufter organischer Dünger (z.B. Guano) werden überflüssig, wenn man nach dem Terra preta- Prinzip „aufgeladene“ Pflanzenkohle mit Kompost oder Flüssigdünger (Brennesseljauche, Urin ohne Medikamentenrückstände) verwendet. Hochmoor-Torf, meistens versteckt als Erdbeimischung gekaufter Pflanzerde ist aus Klimaschutzgründen absolut tabu.

Gesteinsmehl oder Kalk aus einheimischem Abbau, z.B. Steinbruch genügen zur Versorgung mit Mineralstoffen oder pH- Regulierung (z.B. bei Bokashi)

Vorausschauende Planung und das Prinzip „Mit der Natur arbeiten“

Im Garten arbeitet man effektiver, wenn man überlegt vorgeht, natürliche Prozesse berücksichtigt statt ständig gegen die Natur zu arbeiten - wie ein Landwirt, der jedes Jahr seinen Acker neu pflügt, düngt, mit Pflanzenschutzmitteln behandelt und quasi wieder bei Null anfängt (Siehe Becherpflanze als Dauerkultur statt Mais für Biogasanlagen).

Als Selbstversorger braucht ihr natürlich auch eine gewisse Menge an Ertrag, plant hier etwas mehr ein, damit für die Natur noch was übrig ist. Mit der Natur arbeiten bedeutet weniger Arbeitsaufwand (Beweidung statt Silage, Wiesen weniger oft mähen, mulchen und hacken statt jäten und umgraben)

 

Ein naturnaher Garten (Siehe https://www.lbv.de/ratgeber/lebensraum-garten) statt Gartenstyling macht weniger Arbeit, bietet viel mehr Artenvielfalt und Lebensraum für Nützlinge und ein stabiles Gleichgewicht. Das spart Geld und Zeit. Er bietet euch auch viel mehr Erholung, Bestätigung und ist nicht nur ein Ort, der uns gesunde Lebensmittel liefert, sondern auch ein Ort, um Lebensfreude und Energie aufzutanken.

 

So ähnlich muss es einem Landwirt früher gegangen sein, der dankbar und im Einklang mit der Natur sich von der Frucht von Arbeit, Geschick, Erfahrungswissen, Kooperation und der Natur ernährt hat. Das gilt auch heute noch als Ideal, wenn auch neue Herausforderungen wie Klimaschutz und Flächenverbrauch dazugekommen sind. Die Wertschätzung von Boden und Ackerscholle, von Heimat als Ort der „Verwurzelung“ wächst, da wir sie mehr und mehr verlieren. Gestern wie heute geht es einem Selbstversorger so: Er vergegenwärtigt sich immer neu die Arbeit, den Schweiß, die Rückschläge, den Nutzwert, das Potential „seiner“ Fläche und ist daher achtsam und verantwortungsbewusst.


Kompostieren Anno 1900

Kompostierung war schon anno 1900 ein Thema. Dieser Deutsch- Aufsatz (oder Diktat) von Heinrich Eichenmüller von der Königlich - landwirtschaftliche Winterschule Wunsiedel (einer Art landwirtschaftliche Berufsschule) zeigt, wie das Thema damals betrachtet wurde: 

 

Die Komposterde

Kompost ist aus dem lateinischen Namen compositum, d.h. zusammengesetzt, entstanden. Es bezeichnet einen Dünger, der aus verschiedenen Stoffen zusammengesetzt ist. Auf den Komposthaufen bringt man alle tierischen und pflanzlichen Stoffe, wie Bauschutt, Asche, Ruß, Waschwasser, Knochen, Blut, Haare, Federn, Holzspäne, Unkraut aus dem Garten, Grabenaushub und Baumlaub.

Bei der Anlage muss man zuerst eine Schicht Erde, dann eine Schicht Dünger, dann wieder eine Schicht Erde u.s.w. aufschichten. Sind noch Rasenschollen darunter, so soll man etwas Ätzkalk hinzubringen. Dieser zersetzt diese Schollen.

Der Komposthaufen muss während des Sommers feucht gehalten werden. Dieses kann man am besten mit Jauche machen. Nach 7-8 Wochen muss der umgestochen werden. Dieses geschieht deshalb, damit sich die verschiedenen Nährstoffe mischen. Man soll ihn verwenden, wenn er schön zerfällt, wenn sich die tierischen und pflanzlichen Stoffe zersetzt haben, so dass diese von den Pflanzen leicht aufgenommen werden. Man soll ihn nur auf Wiesen anwenden, weil sich unter dem Komposthaufen Unkrautsämereien befinden. Wie eine richtige Waldanlage ein Sparkapital ist, so ist der Komposthaufen eine Sparbüchse. In manchen Dörfern findet man fette Straßen und magere Wiesen. Letzteren kann geholfen werden, wenn die Straßen gereinigt werden und ein Komposthaufen angelegt würde. Dadurch entstehen dann fette Wiesen und saubere Straßen.